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Anfänge unsers Kalenders
Das Wort Kalender stammt aus dem alten Rom. Mit dem Ausdruck "calendae" waren die ersten Tage der Monate bezeichnet.
Wörtlich bedeutet es "die Auszurufenden", weil nämlich jeweils am Ersten eines Monats der pontifex minor, ein Angehöriger des Priesterkollegiums im niedrigen Range, durch die ganze Stadt ausrufen mußte - fünfmal im Winter und siebenmal im Sommer -, daß wieder ein Monatserster gekommen sei und ob es bis zu den Nonen, dem nächsten wichtigen Tag, fünf oder sieben Tage wären.
So bequem hatten es unsere Vorfahren nicht, die ja noch lange nicht in Städten oder Märkten wohnten.
Sie mußten ihren Kalender selber führen. Und da war es die einfachste Merkvorrichtung, daß man auf Holzstäben die Abfolge der Tage und die besonderen Feste einschnitzte.
Wie so ein urtümlicher Kalender zustande kam, erfahren wir vom Dichter Daniel Defoe, dessen Helden
Robinson Crusoe es Ende September 1659 schiffbrüchig an den Strand einer Südseeinsel verschlagen hatte:
"Nach zehn oder zwölf Tagen fiel mir ein, ich könnte aus Mangel an Papier, Tinte und Feder die Zeitrechnung ganz aus dem Gedächtnis verlieren, vielleicht sogar den Sonntag im Ablauf der Tage vergessen. Um das zu vermeiden, schnitt ich mit meinem Messer in Großbuchstaben eine Inschrift in einen starken Pfosten, zimmerte dann daraus ein großes Kreuz und stellte es am Strand an der Stelle auf, wo ich ihn zuerst betreten hatte. Die Inschrift lautete: 'Ich betrat hier den Strand am 30. September 1659.' An den Seiten dieses viereckigen Pfostens schnitt ich mit dem Messer jeden Tag eine Kerbe ein, an jedem siebten Tag machte ich die Kerbe doppelt so lang wie die andern, und an jedem Monatsersten doppelt so lang wie die Sonntagskerbe. So hatte ich meinen Kalender mit wöchentlicher, monatlicher und jährlicher Zeitrechnung."
In den Ostalpenländern und in Skandinavien haben sich solche einfache Stabkalender bis über das Ende des Mittelalters erhalten und dann selbstverständlich auch schon die christlichen Feiertage aufgewiesen. Zwei besonders eindrucksvolle Beispiele stammen aus der Mosinz bei Hüttenberg in Kärnten und werden nun im Kärntner Landesmuseum aufbewahrt.
Der eine trägt die Jahreszahl 1685, der zweite dürfte aus derselben Zeit stammen. Verfertigt hat sie augenscheinlich ein Tischler; denn sie haben, vom Handgriff am Ende abgesehen, die Form und die Größe eines Stuhlbeines: 48cm lang, mit achteckigem Querschnitt, wobei die Breite der einzelnen Flächen "halbzöllig" (etwa 1,7 cm) bemessen ist.
Auf diese acht Seiten sind die 365 Tage eines Jahres eingeschnitten, wobei wegen der stumpfen Winkel keine Eckkerben möglich sind. Dafür wurden leiterartige Querstriche angebracht, bei den Feiertagen jeweils durch Bildzeichen und Sinnbilder unterbrochen.
Merkwürdigerweise hat der Verfertiger dieser Stabkalender nicht die einfache Rechnung durchgeführt, jeweils auf zwei Flächen drei Monate einzuschnitzen, sondern hat das ganze Jahr fortlaufend, in verschieden lange Perioden von 38 bis 57 Tagen gegliedert, durchgezogen, wobei nicht einmal die Monatsersten besonders gekennzeichnet wurden.
Eine weitere Ausgestaltung des Holzkalenders zeigen zwei Beispiele aus Pfronten im Allgäu, beide von Georg Reichart geschnitzt. Der eine mit der Jahreszahl 1579 ging leider verloren, den anderen besitzt das Museum für Deutsche Volkskunde in Berlin. Da er nicht datiert, wohl aber mit dem gleichen Namen gekennzeichnet ist, muß er ungefähr aus der gleichen Zeit stammen. Hier sind es aber bereits buchseitenartige rechteckige Holzplatten, die mittels durch Schlitze gezogene Lederriemen zusammengehalten werden.Hier sind neben den Heiligendarstellungen und Feiertagssymbolen auch bäuerliche Arbeiten in einfachen Strichzeichnungen eingeschnitzt, wie etwa Gartenumstechen, Heumahd, Getreideschnitt, Wollkardatschen, Weinlese und Hausschlachtung. |